'Glungezer' im Belvedere


Das Wiener Belvedere zeigt eine neue Ausstellung bis 30. Jänner 2022: In „Dürerzeit - Österreich am Tor zur Renaissance" werden Werke präsentiert, die in jener Zeit auf dem Gebiet des heutigen Österreichs entstanden sind. Anlässlich des 550. Geburtstags Albrecht Dürers widmet das Belvedere diesem wenig beleuchteten Kapitel österreichischer Kunstgeschichte eine erste umfassende Ausstellung. Zu sehen ist u.a. Dürers Aquarell 'Innsbruck von Norden', im Hintergrund Patscherkofel und Glungezer-Sonnenspitze. 


Innsbrucker Stadtansicht von Albrecht Dürer mit Patscherkofel und Glungezer-Sonnenspitze, um 1494 (Albertina)
Innsbrucker Stadtansicht von Albrecht Dürer mit Patscherkofel und Glungezer-Sonnenspitze, um 1494 (Albertina)

Zu meinem Artikel 'Dürer malt den Glungezer 1494' im Buch 'Di TuXa', Seiten 13, 32, 251:
Die TIROL Werbung fragte für ihr Magazin 'Mein Tirol', 1/2021, Paul Naredi-Rainer, Prof. für Kunstgeschichte, Univ. Innsbruck: 'Was ist die erste künstlerische Darstellung eines Tiroler Berges?'

 

"Das kann man ziemlich genau sagen, und wie es der Zufall will, ist es eine der ersten realistischen Darstellungen eines Berges überhaupt. Es ist Albrecht Dürers Aquarell „Innsbruck von Norden“. Wahrscheinlich malte er es auf der Rückkehr von seiner zweiten Italienreise, also 1507 *). Er kam gerade aus Venedig, traf dort mit den größten lebenden Künstlern zusammen und war davon ganz beseelt. Die Rückreise über die Alpen hielt er in vielen Aquarellen fest, eines davon ist die berühmte Ansicht von Innsbruck. Hinter der Stadt erkennt man deutlich die Sonnenspitze und den Patscherkofel. Das sieht auf den ersten Blick nicht spektakulär aus, tatsächlich war Dürer damit aber seiner Zeit um Jahrhunderte voraus.Dürer schaute genau hin und gab korrekt wieder. Er war deutlich beeinflusst von der revolutionären Schule der nordeuropäischen Realistik. Die Hinwendung zur exakten Naturbetrachtung geschah vor allem in den Niederlanden des frühen 15. Jahrhunderts, etwa durch van Eyck. Dürer übertrug das nur auf ein Feld, das bisher als nicht darstellenswert erachtet wurde, die Bergwelt. Dürer war einer der Ersten, der sich um eine korrekte topografische Ansicht bemühte. In den Gemälden des Hochmittelalters tauchen Landschaften so gut wie gar nicht auf. Die Landschaft wurde als nicht wichtig erachtet und schlich sich über Umwege in die Kunst, etwa auf den Seitenbildern von Altären."


Wofür standen die Berge in diesem Kontext?

"Im April 1336 bestieg der Dichter und Gelehrte Andrea Petrarca zusammen mit seinem Bruder den Mont Ventoux in der Provence. Diese erste datierte alpinistische Exkursion verband er mit Betrachtungen über sein Innenleben und die Bedeutung der Kunst. Der Berg ist das Schwierige, das Feindliche, aber dann doch zu Bezwingende. Und er verkörpert das Tremendum, das Schreckliche, Erschütternde, auch das, was man später im 18. Jh. das Erhabene nannte. Dabei handelte es sich aber nie um eine konkrete Gegend, sondern eine übersteigerte, eine idealtypische Landschaft, die im wahrsten Sinn des Wortes zugespitzt wurde." 

Bildtext: Die detailreich ausgeführte Stadtansicht vermittelt über lichthaltiges Kolorit und weiten Himmel eine atmosphärische Wirkung von Raum und Tageszeit. Die Zeichnung wird auf Dürers Reise durch die Alpen noch vor 1500 entstanden sein. 

Alfons Walde aus Kitzbühel widmet sich ab 1920 dem neuen Phänomen Skisport.
Alfons Walde aus Kitzbühel widmet sich ab 1920 dem neuen Phänomen Skisport.

Für eine Öffnung sorgt seit mehr als 100 Jahren  auch der Tourismus. Hat sich das auch in der Kunst niedergeschlagen?

"Durchaus! Da gibt es zum Beispiel Alfons Walde, dessen Bild „Der Aufstieg der Skifahrer“ (1929) ja auch unseren Sammelband ziert. Er stammte aus Kitzbühel, arbeitete auch als Architekt und widmete sich als Maler sehr einfachen, oft bäuerlichen Sujets. Und auch fürs Skifahren interessierte er sich sehr. Er hatte das Glück, dass sich Kitzbühel schon in den 1920er-Jahren zu einem regelrechten Nobelort für Skitourismus entwickelte. Seine Darstellungen des Wintersports trafen also auf eine zunehmend wohlhabende Schicht an Ski-Enthusiasten. Und so fanden seine Bilder zum Teil reißenden Absatz, und er produzierte in Serie. Dabei entwickelte er einen durchaus eigenen Stil, der auf der einen Seite vom Wiener Sezessionismus beeinflusst war, also einer symbolistisch aufgeladenen Variante des Jugendstils, auf der anderen Seite von der Klarheit der neuen Sachlichkeit."

Bildtext: Der Architekt, Fotograf und Maler Alfons Walde lebte in Kitzbühel. Als einer der ersten Künstler widmete er sich ab den 1920er­Jahren dem neuen Phänomen Skisport. Daneben schuf er bäuerliche Szenen, Landschaftsbilder und erotische Abbildungen. 

Quelle: https://www.tirol.at/blog/magazin/berge-in-der-kunst